Thorsten Altmann ist seit seiner Geburt querschnittsgelähmt. Ab dem siebten Halswirbel kann er sich nicht bewegen. Der Sport war für ihn schon immer von großer Bedeutung. Hier kann er sich beweisen. Der 27-Jährige hat es in drei Jahren vom Neuling zum Spieler in der deutschen Rollstuhl-Rugby-Nationalmannschaft geschafft.

Wie bist du zu Rollstuhl-Rugby gekommen?

Ich habe mit neun Jahren angefangen Rollstuhl-Basketball zu spielen. Das spielt man aber mit einem niedrigeren Querschnitt als ich ihn habe. Deswegen war von vornherein klar, dass ich in dieser Sportart keine großen Chancen habe weit zu kommen. Mein damaliger Trainer, der mittlerweile ein enger Freund ist, hat mir geraten, mit Rollstuhl-Rugby anzufangen. Am Anfang habe ich mir gedacht, der spinne. Ich habe zu diesem Zeitpunkt schon über acht Jahre Basketball gespielt und konnte mir nicht vorstellen, jetzt einfach die Sportart zu wechseln. Dann hat mich jedoch der Kapitän der Nationalmannschaft von Rollstuhl-Rugby gefragt, ob ich Interesse hätte, bei ihnen zu spielen, da er großes Potential in mir sehe. Da habe ich mich dann doch dazu entschlossen, ein Probetraining zu machen. Das ist jetzt inzwischen zehn Jahre her.

Wie wichtig ist der Sport für dich geworden in dieser Zeit?

Enorm wichtig. Es würde auf jeden Fall etwas fehlen, wenn ich den Sport nicht mehr hätte. Er ist mittlerweile ein riesiger Teil meines Lebens geworden. Trotzdem versuche ich natürlich auch, mir Zeit für meine Familie und Freunde zu nehmen.

Gelingt dir das immer? Du bist ja sehr oft mit deiner Mannschaft unterwegs.

Ich fahre einmal in der Woche nach München zum Training und bin mindestens zwei Mal im Monat über die Wochenenden bei Spielen in ganz Europa unterwegs. Das nimmt natürlich viel Zeit in Anspruch. Es gibt auch einige Turniere, die nur zum Spaß ausgetragen werden. Da nehme ich nicht jedes Spiel mit. Ich teile mir die Termine so ein, dass ich zwischendurch auch mal Zeit für mich habe.

Du arbeitest ja neben dem Sport auch noch Vollzeit.

Ja, das stimmt. Mein Arbeitgeber ist zum Glück sehr tolerant und dank eines Gleitzeitsystems kann ich mir meine Zeit gewissermaßen selbst einteilen, wenn ich zum Beispiel früher aufhören muss, damit ich unter der Woche rechtzeitig in München beim Training bin. Außerdem gibt es für Nationalspieler noch zehn Tage Sonderurlaub, die mir natürlich bei meinen vielen Auslandsspielen zugutekommen.

Das viele Reisen ist ja sicher auch mit Kosten verbunden. Wirst du da unterstützt?

Unsere Übernachtungskosten werden bezahlt. Ab und zu werden auch die Fahrtkosten übernommen. Das kann man als kleine Aufwandsentschädigung sehen, das meiste müssen wir jedoch selbst finanzieren.

Ist es in diesem Sport üblich, dass man selbst für die Kosten aufkommen muss?

In anderen Nationen, in denen Rollstuhl-Rugby populärer ist, bekommen die Spieler mehr Unterstützung. Die kanadische Mannschaft hat zum Beispiel im Zuge der Vorbereitungen für die Qualifikation für die Paralympics in Rio de Janeiro jedem Spieler einen eigenen Personaltrainer zur Seite gestellt. Davon können wir nur träumen.

Welche Unterstützung wünschst du dir für die deutsche Mannschaft?

Gegen einen Personaltrainer, der auf jeden Spieler individuell seinen Trainingsplan anpasst, hätte ich natürlich nichts einzuwenden. Ich finde auch einen Sportpsychologen sehr wichtig. Das hört sich vielleicht erstmal blöd an, es gibt einige Spieler, und da schließe ich mich mit ein, die während des Spiels einfach zu viel nachdenken. Und das steht dem Team dann oft im Weg. Gerade bei wichtigen Qualifikationsspielen stehen wir Spieler oft sehr unter Druck. Da würde ein Profi, der uns auf mentaler Ebene unterstützt, auf jeden Fall helfen.

Gab es in letzter Zeit ein bestimmtes Turnier, bei dem der Druck besonders hoch war?

Unser größtes Ziel war die Teilnahme an den Paralympics dieses Jahr in Rio. Dementsprechend groß war dann auch der Druck beim Qualifikationsturnier. Dadurch haben sich dann Leichtsinnsfehler eingeschlichen und wir haben viele Spiele knapp verloren. Letztendlich hat es dann leider nicht für die Teilnahme gereicht.

Wenn wir schon über Niederlagen reden, dürfen wir natürlich auch eure Erfolge nicht außen vor lassen. Auf welchen Erfolg deiner Mannschaft bist du besonders stolz?

Der größte Erfolg war auf jeden Fall unser vierter Platz bei der Europameisterschaft letztes Jahr in Finnland. Das hatte uns zu diesem Zeitpunkt keiner zugetraut. Das hat uns sehr gepusht. Das Jahr davor bei der Weltmeisterschaft sind wir noch auf dem vorletzten Platz gelandet.

Was ist dein nächstes großes Ziel, auf das du mit deiner Mannschaft hinarbeitest?

Dieses Jahr ist das erste Mal in der Geschichte vom deutschen Rollstuhl-Rugby die Europameisterschaft im eigenen Land. Da geht es dann um die Qualifikation um die Teilnahme an der Weltmeisterschaft in Sydney 2018. Das sind erstmal die nächsten großen Events für uns. Trotzdem haben wir auch schon die folgenden paralympischen Spiele im Hinterkopf. Tokio 2020 wäre dann der krönende Abschluss.