Schnelle Autos, große Häuser, edle Sportarten – für viele eine unerreichbare Welt, die ein dickes Bankkonto voraussetzt. Doch auch mit einem durchschnittlichen Einkommen kann man heute die scheinbaren Freuden der Reichen genießen.
Mit einem «Ja» hatte Markus Neumüller in diesem Moment überhaupt nicht gerechnet. Verdutzt blickte er den Bauer aus Leonhardshaun an, der ihm soeben ein Feld verpachtet hat. Eigentlich erhoffte sich Markus mit dem Besuch beim örtlichen Landwirt das genaue Gegenteil. Seine Familie möchte nämlich einen Witz, den Markus gerissen hat, in die Tat umsetzten. Um das zu verhindern, hoffte er, der Bauer würde ihm kein Feld anbieten können.
«Aus Spaß habe ich gesagt, bauen wir den Golfplatz doch bei uns.» Anfangs von allen belächelt, war die gesamte Familie Neumüller innerhalb von drei Tagen von dieser Idee überzeugt. Nur Markus nicht: Für ihn sollte es ein Spaß bleiben – zumindest, bis ihm das Feld gehörte.
Golf – Sport oder Statussymbol?
Zusammen mit seinem Bruder Christian will Markus einem aktuellen Trend entgegenwirken. Kein Exklusivrecht für die Wohlhabenden, sondern ein Familien- und Breitensport soll auf ihrem Platz betrieben werden. Dabei müssen die beiden allerdings mehr Faktoren bedenken, als sie ursprünglich vermutet haben. In Deutschland bringt Golf-Spielen meist ein finanzielles und zeitliches Problem mit sich. Schöne Plätze gibt es in der Umgebung um Leonhardshaun zwar zehn an der Zahl, allerdings überschreiten die Mitgliedsbeiträge das Budget eines durchschnittlichen Arbeitnehmers. Zusätzlich liegen alle Anlagen im Schnitt fünfzig Kilometer weit entfernt. «Schnell mal golfen kann man in der Region nicht gehen», stellt Markus fest. Und selbst wenn man den weiten Weg auf sich nimmt, rauben die Plätze selbst einem mehr Zeit als gewollt. Die Anlagen sind durchweg riesengroß und zwingen einen dazu, lange Runden zu spielen.
Als er vor 20 Jahren das erste Mal auf einen Golfball schlug, war es um Markus geschehen. Als Eishockey-Spieler in Vilsbiburg pflegte er damals engen Kontakt zu seinen amerikanischen und kanadischen Teamkameraden, bei denen Golf als Volkssport gilt. Ihre Begeisterung dafür wollten sie mit Markus teilen. So ließ er sich auch schnell davon überzeugen, den Schläger in die Hand zu nehmen und den Ball ins Grüne zu befördern. In jenem Moment sprang der Funke dann über.
Jeder, der Golf spielt, kenne das Gefühl: «Das braucht man nicht erklären», so Markus. Viele Jahre vergingen, doch das Verlangen nach dem Golf-Spielen war immer noch da: Einmal Blut geleckt, wollte Markus vor rund sechs Jahren dann weiter in die Sportart einsteigen. Er durchkämmte die Region nach Golfplätzen und wurde auch schnell fündig:
Im rund fünfzig Kilometer entfernten Bad Abbach entdeckte er zusammen mit seiner Frau das Golfen immer mehr für sich. Aber an eine Mitgliedschaft im Golfclub war nicht zu denken. Der Beitrag von ca. 1.000 Euro und die große Entfernung überschritten Zeit und Budget. Davon verärgert, kam Markus dann auf die Idee, einen eigenen Platz zu eröffnen.
Von Beginn an begleitete Markus und Christian dabei derselbe Grundsatz: Familiennah muss der Golfplatz sein. Es soll eine günstig gelegene, kurze Neun-Loch-Anlage mit Driving-Range entstehen, auf der man auch einmal ganz ungezwungen die Sportart ausprobieren kann. Golf soll einladen und sich nicht abgrenzen.
Die anfänglichen Kosten von bis zu 50.000 Euro für das langwierige Genehmigungsverfahren stemmten die beiden hauptsächlich aus eigener Tasche. Bereits während des Zulassungsprozesses legten sie in Leonhardshaun die ersten Grünflächen an – immer mit dem Risiko im Nacken, dass das Projekt letztendlich doch nicht genehmigt wird. Schon zu Beginn stand für Markus aber fest, «dass wir es entweder richtig oder gar nicht machen, und dann habe ich gesagt, wir machen es richtig.» Vielleicht war auch aufgrund dieser positiven Einstellung das Glück auf ihrer Seite: Kurz nachdem das Vorhaben freigegeben wurde, organisierten die Brüder erste Golfkurse, die sich von Beginn an äußerst positiven Zuspruchs erfreuten. 2009 bestand der Platz dann aus einer Driving-Range und sechs Löchern in einer Wiese. Im Laufe der Zeit wurde weiter investiert – immer so wenig wie möglich, aber so viel wie nötig.
Vor rund drei Jahren erreichte der Platz dann einen neuen Meilenstein. Aus sechs Löchern wurden die ersehnten neun und die Flächen erfüllten erforderliche Standards für Turnierspiele. Und auch bis heute wird fleißig an Angebot und Rasenqualität des Geländes gearbeitet. Momentan werden sieben der neun Greens sowie die Abschläge erneuert. Die Fairways werden ausgetauscht, bessere Maschinen angeschafft, sowie zwei Mitarbeiter für die Rasenpflege eingestellt und die Driving-Range überdacht.
Für die Zukunft haben sich Markus und Christian klare Ziele gesetzt, um ihrer Leitlinie treu zu bleiben. Geplant wird ein Clubhaus für familiäreres Ambiente und mehr Geselligkeit. Neben einem Pro-Shop für Golfartikel und Stellplätzen für Golfcarts soll dieses auch einen Gastronomiebereich für eine gesellige Atmosphäre bieten. Schon in zwei Jahren sollen sämtliche Einrichtungen fertiggestellt sein und in drei bis vier Jahren die Qualität der Grünflächen dem deutschen Standard gerecht werden. Wenn alles klappt wie geplant, bietet der Golfplatz Leonhardshaun bereits dann einen Ort für Golfspieler mit einzigartigem Preis-Leistungs-Verhältnis und einem Umgangston, der sich von der Versnobtheit gewöhnlicher Golfplätze abhebt.
Und obwohl Markus und Christian den Golfplatz nur nebenberuflich betreiben, steckt unfassbar viel Herzblut und Arbeit in ihrem Projekt. Das liegt offensichtlich daran, dass für beide das Golfplatzbauen schon immer ein Hobby und damit Freizeit darstellte. «Und wie so ziemlich jeder stecken auch wir gerne unverhältnismäßig viel Zeit in unser Hobby», erklärt Markus stolz, «und das wird sich auch in Zukunft nicht ändern.» Eine Begeisterung und Hingabe, die in Markus‘ Augen leuchtet, wenn er nur davon erzählt.
Und wer weiß: Vielleicht war es ja diese Begeisterung, die den Bauern dazu bewegt hat, sein Grundstück zu verpachten und damit das Projekt ins Rollen brachte.