Das Bild eines Anglers ist in der Gesellschaft fest mit solchen Begriffen verknüpft. Christian A. ist einer dieser «Wurmbader» und hat, obwohl erst Mitte 20, schon einiges in seinem Anglerdasein erlebt. So war er unter anderem auch schon als Produkttester und Repräsentant für einen der größten Angelgeräte-Hersteller weltweit tätig.

Wie würdest du einen typischen Angler von heute darstellen? Haben Tarnklamotten noch eine Daseinsberechtigung?

Das Bild ist nicht mehr so ganz zutreffend. Es gibt zwar auch Angelkollegen, die diese Klischees voll bedienen, aber generell hält mittlerweile der Fortschritt Einzug. Den typischen Angler heutzutage würde ich als voll ausgerüsteten Großfischjäger bezeichnen, bei dem ein Fotoapparat auf keinen Fall fehlen darf. Ja, es ist auf jeden Fall noch so, dass man sich relativ unauffällig kleidet. Ich persönlich finde aber, dass komplette Bundeswehr-Outfits etwas zu viel des Guten sind.

Inwiefern stellt sich der Fortschritt denn dar?

Da weiß ich gar nicht recht wo ich anfangen soll, das geht von Angelködern, über elektronische Bissanzeiger bis hin zu neuen Materialien bei Ruten und Rollen. Ein gutes Beispiel ist das Angeln mit Schwimmer und Wurm, wie es fast immer in Comics oder Karikaturen dargestellt wird. Klar ist und bleibt das eine fundamentale Angeltechnik, die auch weiterhin Bestand haben wird, aber was heutzutage alleine für moderne Angel-Köder ausgegeben wird, ist im Vergleich zu Würmern utopisch. Auch der Klappstuhl ist bei vielen verpönt, da es mittlerweile fast überall gut gepolsterte Angelstühle zu kaufen gibt. Grundsätzlich kann man sagen, dass das Rad ja nicht neu erfunden wird, aber immer weiter verbessert.

Worin unterscheiden sich denn moderne Angelköder vom klassischen Wurm?

Zum einen gibt es da hartgekochte Proteinkugeln, sogenannte Boilies, in dutzenden Geschmacksrichtungen. Diese Boilies wurden speziell fürs Karpfenangeln entwickelt und kosten teilweise bis zu 15 € pro Kilogramm. Zum anderen sind das die Kunstköder, die einen verletzten Fisch simulieren und somit Raubfische anlocken sollen. Bei denen gibt es Varianten mit LED-Beleuchtung oder Vibration.

Du warst jahrelang als Testangler für einen großen Hersteller aktiv. Wie kam es dazu?

Es gab damals eine Ausschreibung in einem Angelmagazin, auf die ich mich ohne große Erwartungen beworben habe. Meine Bewerbung scheint gut aufgenommen worden zu sein und so wurde ich auf eine Hausmesse zu einem persönlichen Gespräch eingeladen. Dort wurde die Sache besiegelt und ich war für 3 Jahre Testangler bei der Firma. Ich habe viele Leute kennengelernt, sei es bei Angelveranstaltungen oder als Repräsentant auf Messen. Zwar musste man regelmäßig Berichte oder Beiträge für Magazine schreiben, aber für mich als Jungangler war das natürlich trotzdem eine tolle Zeit mit vielen Erfahrungen und Eindrücken, die ich nicht bereue.

Wieso hat die Zusammenarbeit geendet?

Leider ging der Trend immer mehr in Richtung Kommerzialisierung und Trophäenvergleich, d.h. immer mehr und größere Fische sollten gefangen werden, damit die Firma sich damit brüsten konnte. Das war auch der Grund warum es mir am Ende nicht mehr viel Spaß gemacht hat und die Motivation fehlte Berichte zu schreiben, wodurch sich unsere Wege schlussendlich dann getrennt haben.

Darf ich fragen, welchen Wert deine Angelausrüstung in etwa hat?

Gute Frage, da hat sich einiges an Wert angesammelt in den letzten Jahren. Ich denke, das beläuft sich auf 8000 bis 10000 €. Pro Jahr werden das mit Ködern, Vereinsbeiträgen, Angelurlauben und neuem Angelgerät wohl auch mindestens 3000 € sein.

Wie viel Zeit verbringst du jährlich am Gewässer?

Ich versuche 2-3 Tage in der Woche zu Angeln, meistens an den Wochenenden, aber auch unter der Woche wird die Angel gelegentlich nach Feierabend ausgeworfen. Aufs ganze Jahr gerechnet sind das dann ungefähr 70 Tage, wobei der Winter in dieser Rechnung keine Rolle spielt.

Damit habe ich gleich einen guten Einstiegspunkt für meine nächste Frage. Hast du eine Freundin / Lebensgefährtin? Wenn ja, wie steht sie zu deinem Hobby?

Ja, ich bin seit 2,5 Jahren mit meiner Freundin zusammen. Ich denke ich kann mich da absolut nicht beschweren. Sie geht sehr tolerant mit meinem Hobby um und begleitet mich oft auf meinen Angelausflügen.

Wie bist du denn eigentlich zum angeln gekommen?

Angefangen hat alles damit, dass mich mein Vater bereits in meiner Kindheit öfter mit zum Angeln genommen hat. Als mich das Angelfieber dann gepackt hatte, machte ich mit 13 meinen staatlichen Fischereischein, um auch unabhängig von meinem Vater angeln zu können. Der Reiz beim Angeln liegt dabei in vielen Dingen, da ist zum einen die für mich beruhigende Wirkung des Wassers und der Natur, zum anderen natürlich auch das überlisten möglichst großer bzw. schwer zu fangender Fische. In meinem Fall sind das hauptsächlich Karpfen.

Was war denn dein bisher größter Fang?

Mein bisher größter Karpfen wog über 20 kg bei mehr als einem Meter Länge.

Das kann ich mir gerade schwer vorstellen, ich kenne die Karpfen nur als tellergroße Portionen im Restaurant. Was stellst du denn mit so viel Fisch an?

Ja, das geht vielen so. Soweit es erlaubt ist, werden Fische in solchen Größen schonend zurückgesetzt. Es macht für mich keinen Sinn so einen Fisch dem Gewässer zu entnehmen, da er unter anderem auch für Nachkommen sorgen muss und manchmal sogar älter ist als ich.

Aus welchem Grund ist es nicht erlaubt einen Fisch wieder freizulassen?

Es ist im Fischereigesetz geregelt, dass jeder gefangene Fisch einer sinnvollen Verwertung zugeführt werden soll, es sei denn er hat das Mindestmaß nicht erreicht oder wurde in der Schonzeit gefangen, dann darf er wieder freigelassen werden. Es wurden schon zahlreiche Angler von Verbänden wie der Peta verklagt, weil Sie Fische wieder zurückgesetzt haben. Ich wurde schon einmal darüber belehrt, mich doch ruhig zu verhalten, da ich sonst die Fische verscheuche.

Würdest du mich auch belehren? Wo liegt bei dir die Grenze?

Das hängt von ein paar Faktoren ab. Wenn die Köder in Ufernähe liegen, ist es sicher nicht förderlich wenn sich laut unterhalten oder rumgetrampelt wird. Meistens stört es mich nicht eine normale Unterhaltung zu führen oder teilweise auch Radio zu hören. Auch ich habe schon mit Freunden eine Grillparty gefeiert während nebenan die Angeln im Wasser lagen.

Was war dein schönstes Erlebnis beim Angeln? Gab es auch negative?

Schöne Erlebnisse gibt es viele, dazu gehören eigentlich alle Angelurlaube, aber oft sind es schon Sonnenuntergänge oder die Tierwelt die einen faszinieren können. Schlechte Erinnerungen habe ich eigentlich keine, über fast alles was in die Richtung geht, kann ich heute lachen.

Dann lass es mich anders formulieren, worüber kannst du denn mittlerweile lachen?

Einmal bin ich zum Beispiel unfreiwillig und komplett eingekleidet in 10°C kaltem Wasser baden gegangen. Der Wetterbericht hat mich aber auch schon öfter im Stich gelassen, so war es auch einmal Nachts um halb 5, als mich, in einer als sternenklar angekündigten Nacht, Blitz, Donner und Hagelschauer von meiner Liege am Ufer ins Auto getrieben haben. Natürlich war ich nicht auf Regen eingestellt und hatte weder Schirm noch Zelt dabei. Meine Ausrüstung musste ich danach 2 Tage lang trocknen.

Danke, dass du dir die Zeit für das Interview genommen hast. Ich wünsche dir Petri Heil und Alles Gute für die Zukunft.

Petri Dank. Gerne, das wünsche ich auch.