Exclusive Hautcremes und Pediküren, Masken und Shampoos, alles aus hochwertigen Inhaltsstoffen – der Markt wird geradezu überschwemmt von Beautyprodukten. Teuer und vor allem unnötig. Das zumindest behauptet Katja. Die Erfahrungen einer Frau, die davon überzeugt ist, das Beautygeheimnis gefunden zu haben.

Katja ist Verkäuferin. Im Geschäft ist es laut. Sie wird durch die vielen Stimmen kurz abgelenkt. Ein Kompliment für ihre strahlende Haare bringt sie wieder zurück in das Gespräch. Was ihre Kundin nicht weiß: Hinter er wallenden Mähne verbirgt sich ein Geheimnis. Wie die meisten Frauen versucht auch sie Haut und Haare zu pflegen, um möglichst lange jung und gesund auszusehen. Jedoch nicht mit klassischen Schönheitsprodukten.

Das Geschaft mit der Unsicherheit

Nur wer möglichst lange jung aussieht hat Erfolg – im Beruf, Leben und in der Liebe. Das zumindest,versucht uns die Industrie seit Jahrzehnten einzureden. Komplizen dieses milliardenschweren Komplotts sind zahlreiche Stars, die uns die sündhaft teuren Produkte und Anwendungen anpreisen. Sie machen es vor und Millionen unsicherer Frauen machen es nach. Doch die Geldbörse der «normalen» Leute hat ihr Limit, weswegen eine teure Behandlung wohl immer nur eins bleibt: exklusiv. Dabei kann Schönheitspflege so günstig sein – mit eigenem Urin.

Urin zu Therapiezwecken

Katja ist eine Frau mittleren Alters. Jahrelang quälten sie Ohrenprobleme, bevor ein Bekannter sie auf die Eigenharntherapie aufmerksam macht. Dank dem Buch «Die goldene Fontäne – Die praktische Anwendung der Urin-Therapie» von Coen Van der Kroon liest sie sich in das Thema ein und probiert es schließlich aus – mit Erfolg.

Die Eigenurintherapie ist natürlich nicht neu. Sie wird schon seit über 2000 Jahren praktiziert und gilt als Wunderwaffe für zahlreiche Krankheiten. Erkältungen oder Magenprobleme, Neurodermitis oder Zahnschmerzen, Insektenstiche oder Augen-, Ohren-, und Hautprobleme. Die Liste ist lang, da eine innere und äußere Behandlung möglich ist. Auch Injektionen mit dem eigenen Urin werden gerne genutzt. Wem das Trinken oder injizieren schwer fällt, greift nur auf die äußere Anwendung zurück und öffnet damit vielleicht das Tor zur ewigen Jugend.

«Urin ist ein früher sehr geschätztes und vielseitig anwendbares Heilmittel, das leider – als kostenloses Produkt – vom Markt gedrängt wurde und in Vergessenheit bzw. in Verruf geraten ist. Es ist vermutlich das einzige Heilmittel dieser Welt, das körperspezifisch bei allem hilft und völlig frei von Nebenwirkungen ist», erzählt Katja. Die Eigenharntherapie wendet sie äußerlich und innerlich an. Neben den zahlreichen gesundheitlichen Vorteilen überzeugt sie auch die kosmetische Wirkung.

Ein Bad im Gelben Glück

Urin besteht zu 95 Prozent aus Wasser und zu 2,5 Prozent aus Urea, das eine rückfettende Wirkung nachgesagt wird. Die restlichen 2,5 Prozent bilden wertvolle Mineralien, Salze, Hormone und Enzyme. Ganz im Gegensatz zu den herkömmlichen Dusch-, Bade-, und Pflegecremes werden keine ungesunden oder umweltschädlichen Stoffe verwendet. So bleibt der natürliche Schutzmantel der Haut erhalten. Urin kann für die Haare zum Beispiel als Shampoo oder Spülung genutzt werden. Auf der Haut wendet man ihn gerne als Dusche, Deodorant oder bei einer Massage an. Als Tages- oder Nachtcreme angewandt, lässt er angeblich unliebsame Falten verschwinden.

Katja nutzt seit mehreren Jahren ihren Mittelstrahlurin zur Körper- und Haarpflege. Dank der Behandlung konnte sie lästige graue Strähnchen loswerden, denn Eigenurin erhält die Haarfarbe bis ins hohe Alter – ohne schädliches Färben. «Jeder bewundert das starke Wachstum, das Aussehen und den Glanz meiner Haare», erzählt sie voller Stolz. Die Haarpflege mit Mittelstrahlurin hat zudem einen überraschenden Nebeneffekt. «Eigentlich dachte ich immer, dass ich blond sei. Doch als Kind hatte ich stark kupferrotes Haar. Dank der regelmäßigen Urinpflege habe ich mittlerweile die Haarfarbe meiner Kindheit wieder.» Nebenbei vertreibt Urin lästige Schuppen und ist auch bei empfindlicher, allergischer Haut eine Wohltat.

Handtücher und Co. sind allerdings striktes Tabu. Wer Urin zur Körperpflege verwendet, sollte Haut und Haare unbedingt Lufttrocknen lassen. Nur dann bleibt der strenge Uringeruch verborgen.

Fehlende Studien

Schulmediziner stehen der Eigenurintherapie kritisch gegenüber – Studien zur Wirksamkeit fehlen komplett. Prof. Dr. Martin Metz, leitender Oberarzt der Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie der Universitätsmedizin Charité in Berlin, teilt diese Ansicht: «Ich sehe keinerlei Gründe, warum dies eine effektive Therapie darstellen sollte. Es könnte negative Auswirkungen haben, da es zum Beispiel zur Austrocknung von Haut und Haaren beitragen könnte und vor allem aufgrund der bakteriellen Verunreinigung mit sehr hoher Keimzahl.»

Auch Dr. Josef Mörtl, Dermatologe aus Weiden i. d. Opf., warnt vor den negativen Auswirkungen: «Urin unterliegt Schwankungen. Mal ist es konzentrierter, riecht mehr und mal nicht. Weil die Nieren je nach Wasserzufuhr immer anders arbeiten und die Nahrungsaufnahme immer unterschiedlich ist, hat Urin nie einen standardisierten, gleichbleibenden Wert und das will man in der Medizin nicht. Nehmen wir theoretisch an, eine Frau hat einen latenten Harnwegsinfekt, den sie nicht merkt. Im Urin könnten Bakterien sein, die dann auf die Haut aufgebracht werden. Oder wenn eine Haut akut entzündet ist, könnte sie durch Eigenurin schlechter werden.»

Bei den Aussagen von Katja kann Dr. Mörtl deshalb nur lachen: «Um es einfach zu erklären: Bewiesen ist die Wirksamkeit erst, wenn beispielsweise 1000 Leute es ausprobieren und 1000 Leute sagen Wow. Das ist aber nicht der Fall, sonst wäre das Ganze im Internet längst der absolute Renner. Die Aussagen einzelner sind deshalb mit Vorsicht zu bewerten.»

Ob man Katja nun Glauben schenkt oder nicht – einen Selbstversuch werden die meisten Leute wohl nicht wagen. Dafür ist das Ekel- und Schamgefühl zu groß. Die Wirksamkeit kann jedoch ohne Probanden auch weiterhin nicht belegt oder widerlegt werden – ganz zu Freuden der Industrie. Deswegen wird dieses Schönheitsrezept wohl immer nur eins bleiben: ein Geheimtipp für die Mutigen. «Ewige Jugend – völlig kostenlos, schmerzlos, keine Nebenwirkungen, wer hat da nicht Lust darauf?», schmunzelt Katja.