Der Geruch nach Maschinenölen, Kunststoff und faulen Eiern brennt in die Nase. Zwischen Chemie, Feuer und Staub entstehen die edelsten Unikate, mit denen sich Menschen seit Urzeiten schmücken. Zwei Jahre hat es gedauert bis Lisa endlich das gefunden hat, was sie begeistert und ihr Leben lang machen will. Nun ist sie im letzten Jahr ihrer schulischen Ausbildung zur Goldschmiedin.

Was hast du zwei Jahre lang gemacht, bis du deine Traum-Ausbildung gefunden hast?

Ich habe mir nach meinem Abitur an der Kunst-FOS erstmal ein Jahr Zeit für Praktika genommen. Da ich gegen Ende immer noch nicht wusste, was ich machen will hab ich mich für ein Studium in Kunstgeschichte und klassischer Architektur eingeschrieben. Schließlich ist ein Studium das, wofür man auch eigentlich sein Abitur gemacht hat. Durch meinen Freund bin ich zufällig auf die Goldschmiede gekommen und nach meinen fünf Wochen Praktikum bin ich im Kopf einfach dabei hängen geblieben. Es sollte wohl einfach sein. Die zwei Semester im Studium habe ich dann genutzt um an meiner Bewerbungsmappe für die Goldschmiedeschule zu arbeiten und in der Goldschmiede auszuhelfen. Das ist wie ein Hafen in dem man ankommt. Endlich mach ich mal das was ich wirklich machen will.

Du sagst, du fühltest dich mehr oder weniger verpflichtet zu studieren, hat sich die Ausbildung dann für dich wie ein Rückschritt angefühlt?

Eigentlich hatte ich nur ein schlechtes Gefühl, dass mir nicht früher eingefallen ist, dass ich lieber Goldschmiedin werden möchte. Das angefangene Studium hat mich auch weitergebracht, vor allem menschlich und es hat mich ja auch interessiert. Mit meiner Ausbildung bin ich völlig im Reinen, weil ich sagen kann, das will ich machen und das ist es was ich auch mein Leben lang machen möchte und womit ich glücklich bin und mich auch ausleben und selbst verwirklichen kann. Das ist etwas wo ich selber sagen kann, das ist etwas das hat Hand und Fuß und es ist nicht so brotlos wie das Studium.

Was hat dich an Schmuck schon immer begeistert?

Jetzt wo ich darüber nachdenke… Ich habe schon immer viel Schmuck besessen und ich hatte auch jeden Tag andere Ohrringe an und meistens auch farblich zur Kleidung abgestimmt. Zuhause habe ich noch eine riesige Sammlung an Edelsteinen. Ich fand es auch schon immer interessant, wo die Steine herkommen und wie sie heißen. Die ganze Materie finde ich super faszinierend, mein Lieblingsfach ist auch Edelsteinkunde. Auch im Nachhinein betrachtet war ich eigentlich schon immer eine begeisterte Bastelfee, Freunde haben Rosenohrringe aus Fimo-Knete geschenkt bekommen oder selbst geknotete Halsketten.

Denkst du es war förderlich für deine Berufswahl, dass dein Freund auch eine handwerkliche Ausbildung gemacht hat?

Auf jeden Fall hat das für mich eine Rolle gespielt. Ich fand das schon immer toll zu sehen, wie er gearbeitet hat. Er hatte eine Idee von einem Möbelstück, eine Skizze gemacht, in ein technisches Zeichenprogramm übertragen und einfach gebaut. Nach zwei, drei Wochen stand da ein fertiges Möbelstück. Das ist das was mich so fasziniert, dass man die handwerklichen Möglichkeiten hat um so was einfach selber zu machen. Am Ende hat man ein fertiges Teil und das hat man selber gemacht; ein tolles Gefühl.

Allerdings hat er eine betriebliche Ausbildung gemacht. Wie viel zahlst du bei deiner schulischen Ausbildung drauf?

Es gibt eine Halbjahrespauschale von ca. 180€ die man zahlen muss, da ist die Grundausstattung dabei und zum Teil Materialkosten. Und dann gibt es am Ende des Schuljahres eine individuelle Abrechnung für die Werkstücke die man behalten möchte. Die werden dann gewogen oder die Steine gezählt. Im ersten Jahr waren das bei mir 130€, das letzte Jahr schon 220€ und dieses Jahr wird es nochmal mehr, auch wegen dem Gesellenstück am Ende der Ausbildung. Am Anfang arbeitet man noch mit günstigeren Materialien und mit der Zeit will man auch immer mehr für sich selber schmieden und muss dadurch mehr Material bezahlen. Und natürlich, dass ich extra für die Ausbildung in eine andere Stadt gezogen bin, das kostet natürlich auch viel.

Warum hast du dich für die schulische Ausbildung entschieden?

Weil es sehr schwer ist einen betrieblichen Ausbildungsplatz zu bekommen und weil bei mir eh schon alles sehr kurzfristig war mit «ich brech jetzt mein Studium ab und werde Goldschmiedin». Ich bin aber inzwischen ganz froh, weil an der Schule mehr Schwerpunkt auf die Gestaltung gelegt wird und im Betrieb darf man hauptsächlich Reparaturen machen, da wird halt geguckt, dass du Routine bekommst und da bist du «ne billige Arbeitskraft». Außerdem kann man an der Schule viel mehr ausprobieren als in einem Betrieb mit weniger Geräten.

Was gefällt dir so gut am Gestalten?

Dass ich etwas machen kann, was ich mir selbst ausgedacht habe. Zum Beispiel hatten wir letztes Jahr das Thema «Wald und Wiese» und wir sollten Manschettenknöpfe machen. Dann schaut man sich verschiedene Pflanzen und Tiere an und interessiert sich dann für eins näher. Bei mir war das dann die Morchel, die ich genauer studiert und eine Ornamentik draus gemacht hab. Ich finde den Prozess am Gestalten einfach toll und ich kann mich auch zwischendurch mit anderen drüber auszutauschen. Dadurch bekommt man wieder neue Anregungen, um vielleicht nochmal in eine andere Richtung weiterzudenken.

Was ist das Beste an deiner Ausbildung?

Ich liebe das handwerkliche Arbeiten, also das ist der ausschlagende Punkt warum ich die Ausbildung mache. Ich liebe es am Ende des Tages etwas in den Händen zu halten, das ich selber gemacht habe und den Fortschritt jedes Mal zu sehen. Was mir an der Ausbildung an der Schule auch richtig Spaß macht ist, dass ich nicht nur Technisches beigebracht bekommt, sondern auch gestalterisch weiter geschult werde.

Mit welchen Augen siehst du Schmuck jetzt?

Ich weiß, was da alles dahinter steckt und dadurch hab ich Schmuck mehr zu schätzen gelernt. Inzwischen würde ich auch keinen Modeschmuck mehr kaufen; das ist eine Frage der Einstellung. Ich sehe, wenn ungenau und viel geklebt wurde, wenn Materialien minderwertig sind und abfärben. Da ist der Selbstgemachte Schmuck schon wesentlich bereichernder, die gesamte Wertschätzung ist einfach gestiegen und ich bin mittlerweile auch bereit für Schmuck von Goldschmieden mehr Geld auszugeben. Wobei man auch bei den Schmieden mit einem kleineren Budget einkaufen kann. Man kann immer seinen Altschmuck hinbringen und neu verwenden lassen oder einfach fragen, ob es für bestimmte Modelle auch günstigere Alternativen gibt. Zum Beispiel zum Diamant gibt es alternativ den Spinell, der täuschend ähnlich funkelt. Für mich zählt auch Thomas Sabo zum Beispiel zu Modeschmuck, weil alles industriell gefertigt wurde, da hat man einfach kein besonderes Einzelstück mehr. Die haben durch ihre Personalisierungsidee mit ihren Charms (Anhängern) so viel Erfolg, und verkaufen das dann als individuell, aber das ist es nicht wirklich. Bei einem Goldschmied kann man sich in 99,9% der Fälle sicher sein, dass der Schmied selber noch den Draht planiert oder Metall gewalzt oder gegossen hat, da ist jedes Stück ein Unikat.

Wie glaubst du kannst du als Goldschmiedin erfolgreich werden?

Ich denke, dass viele traditionelle Goldschmieden verpassen, zeitgemäße Werbung für ihr Unternehmen zu machen. Ich werde mir später genau überlegen wie ich die Leute erreichen kann. Zum Beispiel spielt inzwischen Social Media eine große Rolle und da kann man sich nicht rausnehmen, dann muss man sich halt ein Instagram Profil anlegen. Ich werde später wahrscheinlich mal nicht drum herum kommen eine Social Media Plattform zu nutzen um die richtigen Leute anzusprechen, die auch Interesse haben könnten. Ansonsten wird es später auch ein großes Thema sein intensiv auf Kundenwünsche einzugehen, sonst können die sich auch gleich online ein Massenprodukt kaufen.

Wer ist dein berufliches Vorbild?

Der Besitzer der Goldschmiede in der ich damals Praktikum gemacht habe und Saskia Diez, die sich selbst aber gar nicht als klassische Goldschmiedin sieht, sie entwirft ganz viele tolle Ideen und lässt sie dann produzieren. Sie ist eine hervorragende Geschäftsfrau und ich verfolge gerne Interviews mit ihr und lese Artikel über sie. Richtig viele Hollywood-Stars tragen ihren Schmuck.

Was inspiriert dich zu neuen Werkstücken?

Oft ganz banale Alltagsgegenstände, mich inspiriert eigentlich alles. Ich kann im Zug sitzen und ein Heizungsgitter sehen und dann denk ich mir, wie könnte das ein cooler Ohrring werden. Am meisten inspirieren mich andere Menschen und welchen Schmuck sie tragen. Ich überlege mir dann was mir daran gefällt und wie ich das umsetzen könnte. Das meiste passiert ja unbewusst. Da hat man abends eine Idee, zeichnet sie und dann merkt man erst „Moment, irgendwo hab ich das doch schon gesehen“. Da ist mein Beruf schon eine Berufung.

Worauf wirst du dich später spezialisieren?

Ich hab auf jeden Fall Lust, Schmuck mit Edelsteinen zu machen. Da bin ich auf jeden Fall auch durch mein Praktikum geprägt, da wurden ganz viele Edelsteinketten gemacht und das find ich total schön. Ob‘s im Ring ist oder gefasste Ohrringe. Dann kann auch der Steinhändler ganz oft vorbeikommen, damit ich Steine bewundern kann. Bald ist auch wieder Mineralienmesse und die Inhorgenta in München und da freu ich mich auch schon auf viel Inspiration. Ich strebe auch schon an, meinen eigenen Schmuck auf dem Dilli-Dalli Markt in Regensburg zu verkaufen.