Schneller und leichter lernen, leistungsfähiger sein und mit dem Druck leichter umgehen – das wollen wir doch alle irgendwie. Die einen versuchen das mit einer Ernährungsumstellung, viel trinken und Sport, andere beißen einfach die Zähne zusammen und dann gibt es da noch die, die es mit ein paar Mittelchen und Pulvern versuchen. Eines davon ist «Noopept» oder besser «N-phenylacetyl-L-prolylglycine ethyl ester», ein synthetisches, nootropisches Peptid. Lukas (Name geändert) probierte Noopept mit 15 Jahren während seiner Zeit in der Berufsschule.
Über das Internet ist er auf Noopept gestoßen, er hat ein Bild gesehen und sich darüber informiert. Das Medikament ist ein Aminosäurekomplex und wurde von russischen Forschern synthetisiert, um die Denkleistung von durch übermäßigen Alkoholkonsum geschädigten Gehirnen wiederherzustellen. Außerdem soll es die Konzentration steigern und sowohl das Kurzzeit- als auch das Langzeitgedächtnis verbessern. Die genaue Wirkungsweise ist jedoch weitgehend unbekannt. Das Peptid verspricht eine neuroprotektive Wirkung und wird deshalb in manchen Ländern bei älteren Menschen mit Gedächtnisstörungen wie zum Beispiel Alzheimer verschrieben. Studien weisen ebenfalls auf eine angstlösende Wirkung hin, die sich positiv bei Schlafstörungen und einer leichten Reizbarkeit auswirken kann. Noopept wird oftmals als Racetam bezeichnet, jedoch ist Noopept nur sehr eng mit dieser Wirkstofffamilie verwandt und ungefähr 1000-fach potenter als das klassische Medikament «Piracetam».
Bestellen konnte Lukas das Nootropika auf Ebay.
Das waren damals 5 Gramm Reinsubstanz; wie rein das Ganze war, weiß er allerdings nicht. Im Herbst 2013 hat er Noopept dann zum ersten Mal ausprobiert. «Ich weiß nicht, ob ich mir das nur eingebildet habe, aber ich habe irgendwas gemerkt. Ich kann das nicht genau definieren, aber es war so, als wäre ich geistig mehr anwesend», schildert er. Lukas schien mehr wahrnehmen zu können, doch die Wirkung sei nicht so stark gewesen wie bei Ritalin. Ein Freund von ihm berichtete ähnliches. Lukas hatte ihm das Pulver zum probieren gegeben und auch der neue Tester hatte das Gefühl, seine Konzentration hätte sich schon nach der ersten Einnahme deutlich gesteigert.
Nach dem positiven Gefühl hat Lukas eine Woche lang jeden Morgen 10mg Noopept sublingual genommen, zwischen 10mg und 30mg wird pro Tag empfohlen. «Irgendwann habe ich das aber vergessen und schließlich sein lassen», erzählt der heute 19-jährige. In der Schule hat er das Nootropikum allerdings immer wieder konsumiert – wenn er viel zu tun hatte. «Wenn ich im Unterricht viel schreiben musste, habe ich mir einfach eine Portion unter die Zunge gelegt», erinnert sich Lukas. Er habe sich dann einfach weniger ablenken lassen und konnte sich auf die Arbeit konzentrieren, «es war, als wäre ich einfach mehr da.» Als er im Winter den ganzen Tag Akten sortieren musste, hat er wieder zu Noopept gegriffen.
«Ich hatte einfach das Gefühl, als könnte ich die komplette Außenwelt abschalten»
Als Lukas mehr chemische Drogen genommen hat, hat er angefangen, die Zeit, in der er Noopept probiert hat, Revue passieren zu lassen. «Aus Neugier habe ich mir alte Chatverläufe durchgelesen», erzählt Lukas. Seine Ausdrucksweise sei damals ganz anders gewesen und auch an sich scheint er viel komplexer gedacht zu haben. «Das, was ich damals geschrieben und verfasst habe, ist einfach auf einem ganz anderen Level als das, was ich heute schreibe», erklärt er. Deshalb möchte er Noopept auch wieder ausprobieren, um herauszufinden, ob das die Ursache für seine Beobachtung ist. Scheinbar hat sich Noopept sehr positiv auf sein Sprachvermögen und seine Ausdrucksweise ausgewirkt.
Die Menschen in seinem Umfeld haben allerdings nichts bemerkt
Lukas hat seinen Eltern nichts über sein neues Hilfsmittel erzählt und nur Freunde außerhalb der Schule wussten davon. Probiert hat er Noopept letztendlich vor allem, weil kaum Nebenwirkungen bekannt sind und man davon ausgeht, dass keine Folgeschäden durch den Konsum bleiben. Er hatte sich also für ein Medikament entschieden, dass sich eigentlich nur positiv auswirken konnte. Neben den ganzen kleinen Portionen hat er auch mehr als 100mg Noopept auf einmal konsumiert, auch wenn Forscher von einer so hohen Dosierung abraten, da es zu Kopfschmerzen kommen kann. Dennoch hat Lukas keine negativen Erfahrungen gemacht: «Ich hatte zwar Hunger, aber ich habe gleichzeitig auch gekifft und da ist das ja normal.» Außerdem versuchte er auch, Noopept durch die Nase zu ziehen. Danach fühlte er sich ganz hibbelig wie von Koffein, «das war, wie wenn ich zu viel Kaffee getrunken habe und total unter Strom stehe.»
Trotz seiner ganzen Versuche und den positiven Auswirkungen des Medikaments glaubt der junge Mann nicht, dass man das Mittel tatsächlich missbrauchen kann oder eine Suchtgefahr besteht. Das bestätigen auch Forscher, Noopept habe kein Abhängigkeitspotential. «Man nimmt Noopept, wenn man denkt, dass es gerade hilft, aber man braucht es nicht», erklärt Lukas. Es gäbe keinen Nachlegedrang und er habe es morgens sehr oft vergessen und hatte trotzdem nicht das Gefühl, sofort eine neue Dosis nehmen zu müssen.