Altersarmut – sind wir alle davon betroffen oder kann man vorbeugend etwas dagegen tun? Nicht jeder ist von Grund auf mit dem Problem Altersarmut konfrontiert. Es kommt darauf an, wie man sein Leben vorher lebt und wie man mit seinem Geld umgeht, aber es gibt auch viele Menschen, die unverschuldet im Rentenalter große Geldsorgen haben.
Unverschuldet in der Armut gelandet
In Reichenbach, einer kleinen Stadt in der Oberlausitz, sind viele heruntergekommene Hochhäuser zu sehen, nur in manchen Fenstern brennt Licht. In den Straßen dieser Stadt gehen wenige und hauptsächliche ältere Menschen entlang. Eine Bewohnerin ist Monika Köhler. Sie ist 64 Jahre alt und lebt in einem alten Hochhaus in einer Einzimmer-Wohnung. So hat sie sich ihren Ruhestand nicht vorgestellt. Bis zuletzt arbeitete die Rentnerin in einer Molkerei, in der sie schwere körperliche Arbeit tätigen musste. Zusammen mit ihrem Mann konnte sie sich ein Haus kaufen und finanziell stand es sehr gut um die Familie. «Ein Haus zu bauen ist eine sehr gute Altersvorsorge»,sagt sie. Was ist passiert, dass sich ihr Leben so ins Gegenteil verändert hat?
Im Alter von 48 Jahren verstarb ihr Mann an einer schweren Krankheit und sie ist aufgrund einer Krankheit berufsunfähig geworden. «Es war mir alleine nicht mehr möglich das Haus finanziell zu halten.» Also zog sie in eine kleinere Wohnung um. Mit gerade mal 800 Euro Rente muss Monika im Monat auskommen – Witwenrente bereits inbegriffen. Für die Wohnung muss die Rentnerin nur 400 Euro Kaltmiete im Monat zahlen. So hat sie auch ein wenig für ihre persönlichen Bedürfnisse übrig. Ein sehr kleines Geldpolster hat sie durch den Verkauf des Hauses. Sie kommt über die Runden und kann sich Lebensmittel und einige Kleidungsstücke kaufen. «Ich kann von dem Geld leben, aber nicht wirklich leben», erklärt die 64-Jährige. Sie kann zwar überleben und sich grundsätzliche, wichtige Dinge kaufen kann, aber Dinge,wie Urlaub oder essen gehen mit Freundinnen sind eine Art Luxusgüter für die Pensionärin.
Messbarer Anstieg
Die Wirtschaft in Deutschland boomt seit Jahren und Löhne und Renten sind stetig angestiegen. Jedoch sind derzeit rund 20 Prozent der deutschen Bevölkerung von Armut bedroht. In den letzten Jahrzehnten waren vor allem eher die jüngeren Menschen in Deutschland davon betroffen. Seit Kurzem steigt die Anzahl der in Armut lebenden Senioren immer weiter. Der Begriff Armut wird verwendet, wenn eine Person weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens des Landes zur Verfügung hat. 2010 hatten circa 14 Prozent der über 65-Jährigen und 12 Prozent der über 75-Jährigen mit Armut zu kämpfen. 2018 bereits 17,6 Prozent und 16,2 Prozent.
Unbeschwert leben können
Ganz anders sieht es aus bei Peter Weber. Peter ist 74 Jahre alt. Er lebt in Augsburg in einem großen Haus mit Garten und Teich. In der Einfahrt zwei große teure Autos. Peter arbeitete als Führungskraft bei der Firma Siemens und auch seine Frau hatte einen Beruf in einer gehobenen Position. Beide sind mit 55 Jahren in Rente gegangen. ,«Wir haben unser ganzes Leben hart gearbeitet, da war es an der Zeit, dass wir unsere restliche Zeit für uns nutzen. Genug Geld hatten wir ja.» Aufgrund von großen Ersparnissen war es für die beiden also nicht mehr notwendig, weiterhin zu arbeiten. Der Rentner gibt zu: «Wir haben uns aber auch während wir noch arbeiteten viel gegönnt. Waren oft im Urlaub, jeder hatte ein großes Auto. Ein bisschen Luxus muss man sich im Leben ja gönnen.» Peters Frau ist jedoch vor fünf Jahren verstorben. «Es war ein so harter Schicksalsschlag, aber ich denke, sie hat in ihrem Leben nichts bereut.» Das Haus ist lange abbezahlt, Peter besitzt zudem noch eine Wohnung, die er vermietet hat und bekommt rund 3200 Euro Rente im Monat.
Zukünftige Entwicklung
Die Zahl der Senioren, die eine Grundsicherung vom Staat erhalten, ist im letzten Jahrzehnt deutlich und merklich gestiegen. Wie sieht es wohl in der Zukunft aus? In einer Prognose, in der eine negative Arbeitsmarktentwicklung einbezogen ist, steigt die Anzahl der von Armut gefährdeten über 67-jährigen bis zum Jahr 2036 auf 21,7 Prozent. Das entspricht einem Anstieg um weitere vier Prozent in den folgenden 20 Jahren. Auch bei einer positiven Arbeitsmarktentwicklung steigt der Anteil auf 18,6 Prozent.
Mittlerweile gibt es viele politische Vorschläge, um etwas gegen die Altersarmut zu tun. Präventive Maßnahmen sind dabei jedoch nicht im Vordergrund. Es soll vor allem am bereits bestehenden Rentensystem etwas geändert werden. Sinnvoll dabei wäre zum einen die Versicherungspflicht für nicht obligatorisch abgesicherte Selbstständige und zum anderen Verbesserungen an der Erwerbsminderungsrente.
Es scheint nun so, als wäre jeder selbst dafür verantwortlich, ob im Alter genug Geld vorhanden ist. Arbeitet man viel und hat sein ganzes Leben lang keine finanziellen Probleme, hat man diese auch später nicht. Jedoch ist dem nicht immer so.
Selbstverschuldet in der Armut gelandet
Ein kahler Raum, ein Bett und ein kleiner Tisch. Es ist gerade so Platz für einen Fernseher an der Wand. So lebt Herta Wachholz, 84 Jahre alt, in einem Altenheim, ebenfalls in Reichenbach. Sie war Angestellte bei der Sparkasse und ihr Mann war Feinmechaniker. Die beiden hatten immer genügend Geld, waren oft im Urlaub, hatten eine schöne Wohnung. «Wir haben uns nie wirklich mit dem Problem Altersarmut befasst, weil wir immer genügend Geld hatten und dachten, das wird auch so weiter gehen.» Gespart haben sie nichts, sondern alles mit Freude ausgegeben.
Herta bekommt 1600 Euro Rente im Monat. Da ihr Mann vor einigen Jahren verstorben ist, bekommt auch sie Witwenrente. 1600 Euro ist viel im Gegensatz zu Monika Köhler. Also warum bleibt nichts übrig? Das Altersheim, in dem Herta lebt, kostet die komplette Rente im Monat. Somit ist kein Cent mehr übrig für persönliche Anschaffungen. Möchte sie zum Friseur oder sich nur etwas anderes zu trinken kaufen als das, was im Heim zur Verfügung steht, muss sie um Hilfe bitten. Wenn sie sich neue Kleidung kaufen möchte, muss erst geprüft werden, ob dies wirklich notwendig ist, sonst wird sie vom Sozialamt nicht unterstützt.
Das Beispiel von Herta zeigt sehr gut, dass es heutzutage sehr wichtig ist, schon im frühen Alter für später zu sparen. Ihre derzeitige Situation ist selbstverschuldet, anders als bei Monika, die durch den Schicksalsschlag ihres verstorbenen Mannes ihr Eigenheim verkaufen musste, das eigentlich eine sehr gute Altersvorsorge gewesen wäre. Herta hat ihr Geld nie sinnvoll investiert, sondern im Moment gelebt.